Wie man eine einfache und aussagekräftige „Food-Story“ umsetzt

Der preisgekrönte Food-Fotograf und -Stylist Costas Millas verrät sein Rezept, wie man mit Bildausschnitten, Licht und Farbe eine stimmige Bilderserie erstellt
Mein Hintergrund in Grafikdesign und als Art Director hat meinen Wunsch geprägt, Ideen von Anfang bis Ende zum Leben zu erwecken und Geschichten zu erzählen. Als leidenschaftlicher Feinschmecker habe ich oft Schnappschüsse gemacht und sie in den Social Media geteilt. Jetzt, ein paar Jahre später, habe ich mein Handy gegen eine Nikon-Kamera eingetauscht (zuerst die Zfc, jetzt die Z6III) und und durfte seitdem mit Fortnum & Mason, Waitrose sowie Fratelli Beretta arbeiten. Meine Bilder wurden unter anderem im Clean Eating Magazine veröffentlicht, und ich habe Auszeichnungen bei den British Photography Awards und den World Food Photography Awards erhalten.
Food-Storys sind eine großartige Möglichkeit, eure Kreativität herauszufordern und eure Fähigkeiten in Sachen Styling und Fotografie zu verbessern. Schauen wir uns also an, wie ihr eure eigenen Geschichten erschaffen könnt.
Links: „Find Your Way to Me“, 70 mm, 1/8 s, f/16, ISO 200. Mitte: „Arrest (after Bridget Riley)“, 110 mm, 1/8 s, f/11, ISO 100. Links: „Getting to Know You“, 145 mm, 1/15 s, f/16, ISO 200 © Costas Millas
Was ist eine Food-Art-Story?
Eine Food-Art-Story ist eine Serie von Bildern, die sich um ein zentrales Thema drehen, wobei sich eine einheitliche Idee und Farbpalette durch die Sammlung zieht. Die Bilder können einer Erzählung folgen, z. B. den Prozess der Zubereitung eines bestimmten Rezepts festhalten – von den rohen Zutaten bis zum fertigen Gericht. Oder sie können eher konzeptuell gestaltet sein – mit Ideen, die durch Farben und ein kreatives Gesamtkonzept verbunden sind, wie in Spaghetti.
Bei dieser Geschichte ging es mir darum, eine kleine Gruppe von Zutaten – frische Spaghetti, Fleischbällchen und Tomatensoße – zu verwenden und Bilder zu erschaffen, die diese einzeln und zusammen auf neue, unerwartete, kreative Weise zeigen. Ich liebe es, Lebensmittel kunstvoll zu präsentieren und anhand von Farben, Licht und meiner Kamera Ideen zum Leben zu erwecken.
Der Prozess
Ich lasse gerne Inspirationsfunken in meinem Kopf entstehen. Als Inspirationsquelle nehme ich jedoch immer zunächst Stimmungen aus anderen Bildern. Ich habe zu diesem Zweck einen Ordner auf Instagram und auf meinem Laptop angelegt. Manchmal ist das ein Kunstwerk (wie bei Spaghetti, das stark von der britischen Künstlerin Bridget Riley inspiriert war), manchmal ein Food-Foto, das mir wegen des Bildausschnitts oder der Lichtstimmung gefallen hat, eine Rezeptidee – oder einfach nur eine besondere Farbkombination. Während ich Referenzen sammle und über die Story nachdenke, skizziere ich Ideen, entwerfe Konzepte und manchmal sogar Namen, die das Gesamtprojekt inspirieren können.


Viele meiner Projekte entstehen aus dem Wunsch, meine Kreativität herauszufordern und mit neuer Ausrüstung zu experimentieren. Bevor ich mit der Arbeit an Spaghetti begann, hatte ich mir kürzlich ein neues Dauerlicht gekauft (Godox UL150), das weitaus leistungsfähiger war als alles, was ich vorher hatte. Ich war gespannt darauf, mit härteren Lichteffekten und dramatischen Schatten zu spielen.
Oft haben meine Geschichten eine ganz eigene Farbpalette, die den Bildern Zusammenhalt gibt und sie hervorstechen lässt. Bei Spaghetti war es das helle, warme Gelb der Nudeln und das satte, tiefe Rot der Fleischbällchen und der Soße, das mich anzog. Ich suchte einen passenden Fotohintergrund, um diese Wirkung zu verstärken. Als ich mit mutigen und grafischen Ideen experimentierte, kam ich auf einen schwarzen Kachelhintergrund – für noch mehr Kontrast und Aufmerksamkeit.


Sobald ich das Konzept, die Palette und die Ideen beisammen habe, verwende ich meine Skizzen, um eine Aufnahmeliste zu erstellen. Ich überlege mir eine gute Reihenfolge, in der ich alles während der Aufnahme zum Leben erwecke. Bei Spaghetti zum Beispiel habe ich alle künstlerischen Konzepte mit den Spaghettis selbst erstellt, bevor ich mich an die Varianten mit Fleischbällchen, Soße und Pasta gemacht habe. Dadurch konnte ich so produktiv wie möglich sein, ohne zu viel Essen zuzubereiten.
Für mich geht es bei einer starken Geschichte nicht nur um eine stimmige Farbpalette und fesselnde Ideen, sondern auch um die Bearbeitung all der Bilder. Ein klarer Stil für die fertigen Bilder ist sehr wichtig – nicht nur, um sie an meinen persönlichen Stil anzupassen, sondern auch, um sie zu einem einheitlichen Gesamtwerk zusammenzufügen. Mein Stil ist grafisch, kühn und farbenfroh. Ich achte bei der Bearbeitung in Adobe Lightroom auf die Betonung von Textur und Farbe. Für Spaghetti bedeutete dies, dass die Rottöne verstärkt werden mussten, und ich dafür sorgen musste, dass die Spaghetti glatt und die Soße geschmeidig und lecker aussehen. Das gesamte Konzept soll eindrucksvoll und aufmerksamkeitsstark sein – und das musste sich auch in der Bearbeitung widerspiegeln. Wäre meine Bearbeitung gedämpfter und weicher, hätten die Bilder nicht die gleiche Gesamtwirkung.
Das Fotoshooting
Die gesamte Spaghetti-Geschichte wurde mit der folgenden Ausrüstung aufgenommen:
- Nikon Zfc
- NIKKOR Z DX 50-250mm f/4.5-6.3 VR
- Dauerlicht Godox UL150
- Diffusor 150 x 200 mm
- Weiße und schwarze Füllkarten
Licht erzeugen
Mein neues Licht war ein wichtiger Schwerpunkt dieses Projekts. Ich wollte mit hartem Licht und grafischen Schatten experimentieren. Ich benutzte einen großen Diffusor und spielte damit, das Licht näher und weiter weg von seiner Oberfläche zu bringen, und beobachtete, wie die Schatten aussahen. Je näher das Licht am Diffusor war, desto ausgeprägter und grafischer waren die Schatten. Für einige der Bilder in der Geschichte, z. B. „Gonna Getcha“, das ein lustiges Schattenspiel einer bedrohlichen Gabel zeigt, die sich anschickt, ihre ahnungslose Fleischbällchenbeute aufzuspießen, habe ich meine „nackte Glühbirne“ ohne Lichtstreuung verwendet.


Es ist wichtig, die richtige Balance zwischen Lichteffekten, Idee und Bildausschnitt zu finden. Im Gegensatz zum obigen Bild, bei dem die Schatten integraler Bestandteil der Idee und des Bildausschnitts sind, benötigten einige der eher konzeptionellen Flat Lays, wie mein Nudellabyrinth-Konzept „Find Your Way to Me“ und mein Flechtkorb-Konzept „Put All Your Pasta in One Basket“, ein weicheres Licht, um die Idee nicht zu überschatten (im wahrsten Sinne des Wortes).
Spaghetti wurde mit einem einzigen Licht-Setup beleuchtet. Das Wichtigste war, dass ich das Licht während der gesamten Aufnahmen so gestaltete, dass ich die gewünschten Effekte erzielen konnte – nicht nur mit Hilfe des Diffusors, sondern auch durch Abschatten und Aufhellen. Für viele der dunkleren Aufnahmen mit schwarzem Kachelhintergrund stellte ich Kartonplatten auf, um das Licht zu blockieren und so dramatische Schatten zu erzeugen – ideal für filmisch inspirierte Ideen wie z. B. bei „5-Second Rule“ und „Greedy with a Chance of Meatballs“. In diesen Aufnahmen seht ihr gezielt gesetzte Hell-Dunkel-Kontraste und Linienführungen, die den Blick des Betrachters leiten und dem Bild mehr Ausdruckskraft verleihen.


Die Ausrüstung
Das gesamte Fotoshooting wurde mit einem meiner Lieblingszoomobjektive aufgenommen, dem NIKKOR Z DX 50-250mm f/4.5-6.3 VR. Es ist ein großartiges, erschwingliches Einsteigerobjektiv und ermöglicht mir, eine Vielzahl von Bildstilen aufzunehmen. Mit 50 mm als kleinste Brennweite ist es wichtig, einen guten Abstand zwischen Kamera und Motiv zu haben. Deshalb steht mein Stativ oft auf dem Tisch.
Kameraeinstellungen
Ich habe die Blende für meine Flat Lays auf f/11 und f/16 eingestellt, damit alles scharf abgebildet wird. Für Frontalaufnahmen, bei denen sich das Essen vom Hintergrund abhebt und einen Bokeh-Effekt erzeugt, würde ich eine offenere Blende verwenden, z. B. zwischen f/5.6 und f/8.
Da ich statische Motive mit einem Stativ und Dauerlicht statt mit Blitz fotografierte, hielt ich den ISO-Wert niedrig (zwischen 100 und 200) und die Verschlusszeit zwischen 1/8 und 1/30 Sekunde.
Bei einigen Bildern, wie z. B. „Finger Food“ und „Me, Myself and I“, bin ich selbst im Bild. Ich musste schnell arbeiten, um die Nudeln in meiner Hand und in meinem Mund zu stylen. Dafür änderte ich meine Einstellungen, damit unvermeidliche subtile Bewegungen kein Problem sind – 1/250 Sekunde bzw. 1/125 Sekunde bei ISO 640. Außerdem hatte ich bei meiner Kamera einen 10-Sekunden-Timer eingestellt, damit ich mich in Position bringen konnte. Es brauchte jedes Mal einige Versuche, um eine scharfe Aufnahme hinzubekommen. Aber das war Teil des Spaßes und des gesamten Prozesses aus Spielen und Experimentieren.
Links: „Me, Myself and I“, 135 mm, 1/125 s, f/8, ISO 650. Mitte: „There’s Been a Mix Up“, 160 mm, 1/8 s, f/10, ISO 100. „Hats off“, 105 mm, 1/30 s, f/5.6, ISO 100. Rechts: „Finger Food“ 50 mm, 1/250 s, f/7.1, ISO 640, © Costas Millas
Eine Herausforderung für euch
Das Erstellen einer Geschichte mit Lebensmitteln ist ein großartiges Projekt, das euch dazu bringt, über viele Aspekte der Fotografie nachzudenken: Bildausschnitt, Beleuchtung, Farbe, Styling, Bildbearbeitung und vieles mehr. Probiert es doch einmal aus und überlegt euch ein Motiv, ein Rezept, eine Farbpalette oder ein Konzept, das euch zu einer eigenen Bildserie inspirieren könnte.
Beginnt damit, verschiedene Zutaten anzuschauen, verlasst eure Komfortzone und geht zu einer Ausstellung oder besucht einen neuen Ort oder Markt, der euch auf Ideen bringen könnte. Sammelt Beispielbilder von Dingen, die ihr gesehen habt. Wie hängen sie miteinander zusammen? Notiert eure Ideen und macht Skizzen, um eure Shotliste zu erstellen.
Wie viele Möglichkeiten gibt es, ein Motiv zu erfassen? Gibt es eine Erzählung, die sich durch die Bilder zieht, oder sind sie durch Farbe und Beleuchtung miteinander verbunden?
Fallen euch mindestens sechs Möglichkeiten ein, ein Motiv in einer Geschichte zu verarbeiten?
Links: „Put All Your Pasta in One Basket“, 120 mm, 1/15 s, f/11, ISO 100. Mitte: „Bursting with Flavour“, 50 mm, 1/125 s, f/5.6, ISO 200. „Current (after Bridget Riley)“ 200 mm, 1/8 s, f/11, ISO 100. Rechts: „Plain Jane“, 210 mm, 1/15 s, f/16, ISO 100 © Costas Millas
Einige wichtige Tipps
- Nehmt euch Zeit, um zu recherchieren und euch Ideen auszudenken.
- Keine Idee ist von vornherein schlecht. Schreibt sie alle auf, sobald sie Form annehmen.
- Überlegt euch genau, was der rote Faden in eurer Geschichte sein soll, und lasst euch bei der Ideenfindung, beim Fotoshooting und bei der Bearbeitung davon leiten.
- Plant die Stimmung, die ihr erzeugen wollt. Beleuchtet und bearbeitet eure Bilder so, dass eure Bildaussage klar rüberkommt.
- Macht euch keine Gedanken über die Ausrüstung und darüber, dass ihr vielleicht nicht alles davon habt. Spaghetti wurde mit einer Nikon Zfc und einem (großartigen!) Kit-Zoomobjektiv aufgenommen. Nutzt das volle Potenzial eurer Ausrüstung und reizt aus, was damit möglich ist. Manchmal können Einschränkungen dazu führen, dass man noch kreativer denkt.
- Verwendet ein Stativ, um klar fokussierte, scharfe Bilder zu erhalten.
- Verwendet ein Zoomobjektiv, um mit verschiedenen Brennweiten zu experimentieren.
- Erstellt eine Shotliste und verwendet sie als Leitfaden, während ihr experimentiert. Manchmal entsteht das beste Bild aus einem neuen Blickwinkel, den man erst sieht, wenn das Essen am Set ist – oder zwischen einer Aufnahme und der nächsten!
- Achtet genau darauf, wie ihr euer Licht gestaltet und eure Bilder nach dem Shooting bearbeitet, damit alle Bilder in eurer Geschichte wie aus einem Guss wirken.
- Viel Spaß!
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